Christuskirche Dresden-Strehlen
Erbauer:
Baujahr:
Restaurierung:
Spieltraktur:
Registertraktur:
Ladensystem:
Informationen zur Restaurierung
Vor nunmehr 110 Jahren konnte die Orgel in der 3. Firmengeneration von den Brüdern Emil und Bruno Jehmlich als opus 224 erbaut werden. Für die Erbauer war es eine außerordentlich interessante und bedeutende Herausforderung, für diese weit bekannte und geschätzte Jugendstilkirche ein angemessenes und ebenso ausstrahlendes Orgelwerk zu schaffen. Die Klanggestaltung und technische Ausrüstung der Orgel ist in jener Zeit hochmodern, im Stil der deutschen Orgelromantik zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt worden. Die disponierten 63 Register, verteilt auf 3 Manuale und Pedal, sind hinter einer prachtvoll gestalteten Orgelfassade angeordnet.
I. HAUPTWERK C – a3 (*-a4)
1.* | Principal | 16′ |
2.* | Gedackt | 16′ |
3.* | Principal | 8′ |
4.* | Hohlflöte | 8′ |
5.* | Bordun | 8′ |
6.* | Fugara | 8′ |
7.* | Salicional | 8′ |
8.* | Gemshorn | 8′ |
9.* | Oktave | 4′ |
10.* | Fugara | 4′ |
11.* | Rohrflöte | 4′ |
12. | Rauschquinte 2fach | 2⅔′ |
13. | Cornett 3-5fach | 2⅔′ |
14. | Mixtur 3-5fach | 2′ |
15.* | Trompete | 8′ |
16.* | HD Tuba | 8′ |
HD Tuba (Ext. 16) | 4′ |
II. OBERWERK C – a3
17. | Bordun | 16′ |
18. | Principal | 8′ |
19. | Stentor-Flöte | 8′ |
20. | Konzertflöte | 8′ |
21. | Zartflöte | 8′ |
Schweb. Flöte (21+Trem.) | 8′ | |
22. | Gedackt | 8′ |
23. | Gamba | 8′ |
24. | Dolce | 8′ |
25. | Quintatön | 8′ |
26. | Oktave | 4′ |
Stentor-Flöte (Ext. 19) | 4′ | |
27. | Flöte | 4′ |
28. | Salicet | 4′ |
29. | Piccolo | 2′ |
30. | Mixtur 3-4fach | 2′ |
31. | Clarinette | 8′ |
III. SCHWELLWERK C – a3 (*-a4)
32.* | Gedackt | 16′ |
33.* | Seraphon-Principal | 8′ |
34.* | Geigenprincipal | 8′ |
35.* | Traversflöte | 8′ |
36.* | Rohrflöte | 8′ |
37.* | Seraphon-Violine | 8′ |
38.* | Violine | 8′ |
39.* | Viola d’ amour | 8′ |
Schweb. Viola (39+Trem.) | 8′ | |
40.* | Vox coelestis | 8′ |
Seraphon-Principal (Ext. 33) | 4′ | |
Seraphon-Violine (Ext. 37) | 4′ | |
41.* | Principal | 4′ |
42.* | Gemshorn | 4′ |
43.* | Viola | 4′ |
44.* | Quintatön | 4′ |
45. | Waldflöte | 2′ |
46. | Harm. aethera 3fach | 2′ |
47.* | Oboe | 8′ |
PEDAL C – f1
48. | Untersatz | 32′ |
49. | Principalbaß | 16′ |
50. | Subbaß | 16′ |
51. | Violonbaß | 16′ |
52. | Dolcebaß | 16′ |
53. | Oktavbaß | 8′ |
54. | Gedacktbaß | 8′ |
55. | Violoncellobaß | 8′ |
56. | Oktavbaß | 4′ |
57. | Posaunenbaß | 16′ |
58. | Trompetenbaß | 8′ |
KOPPELN UND SPIELHILFEN
Normalkoppeln: II-I, III-I, III-II, I-P, II-P, III-P
Superoktavkoppeln: I-I, III-II, P
Suboktavkoppeln: II-I, III-II
Generalkoppel
Feste Gruppen: P, MF, F, TT, Tutti, Hochdruck
4 freie Vorbereitungen
Ausschalter: Gesamtdruckregister, Koppeln, Rohrwerke, Crescendo, Hochdruckregister
Feste Gruppen an/ab, einzeln schaltbar für: ganze Orgel, jedes Manual, Pedal
Schwelltritt III
Crescendo als Walze und Handhebel
Stimmtonhöhe: 443Hz bei 22°C
Temperierung: gleichstufig
Winddrücke: I.-II.-Pedal 90, III. 85, Hochdruckregister 180, Spielwind 120mmWS
Anzahl der Pfeifen: 4.140
(insg. 141 Prospektpfeifen, davon 14 stumm)
Zur Restaurierung und Rekonstruktion der Orgel von Ralf Jehmlich
Textausschnitte aus der Festschrift zur Orgelwoche 31.10.-7.11.2015
„ALLES WAS ODEM HAT, LOBE DEN HERRN“ steht in großen Jugendstil-Lettern an der Brüstung der Orgelempore in der Evangelischen Christuskirche Dresden-Strehlen. Diesen Psalm und Kanon können wir zum Reformationstag – am 31.10.2015 – zur Wiedereinweihung der restaurierten Jehmlich-Orgel von 1905 wieder freudig und gemeinsam mit alt vertrauten und neu zu entdeckenden Orgelklängen singen.
Vor nunmehr 110 Jahren konnte die Orgel in der 3. Firmengeneration von den Brüdern Emil und Bruno Jehmlich als opus 224 erbaut werden. Für die Erbauer war es eine außerordentlich interessante und bedeutende Herausforderung, für diese weit bekannte und geschätzte Jugendstilkirche ein angemessenes und ebenso ausstrahlendes Orgelwerk zu schaffen. Die Klanggestaltung und technische Ausrüstung der Orgel ist in jener Zeit hochmodern, im Stil der deutschen Orgelromantik zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt worden. Die disponierten 63 Register, verteilt auf 3 Manuale und Pedal, sind hinter einer prachtvoll gestalteten Orgelfassade angeordnet. Die Orgel mit ihrer klanglichen Ausstrahlung und stilvollen architektonischen Gestaltung, stellt mit dem Kirchenraum ein hervorragendes Gesamtkunstwerk dar.
In den folgenden Jahrzehnten nach der Fertigstellung der Orgel gab es in der Geschichte Deutschlands und in der Entwicklung des internationalen Orgelbaus sehr viele Bewegungen, die auch an der Orgel in der Christuskirche nicht spurlos geblieben sind. Dem Zeitgeschmack entsprechend, der in den 20er Jahren eine Welle der Rebarockisierung beinhaltete, fielen originale Register zum Opfer. Es erfolgten Umdisponierungen, klangliche und technische Umgestaltungen. Unter anderem mussten auch die Hochdruckregister weichen, wodurch eine ausgesprochene Besonderheit des originalen Instrumentes verloren ging. In den letzten Jahrzehnten kam hinzu, dass an der Orgel vermehrt Funktionsstörungen durch alterungsbedingten Verschleiß, poröse Membranen und defekte Bleirohre auftraten. Auch der Orgelklang und die Stimmbarkeit der Orgel waren durch den mittlerweile hohen Verschmutzungsgrad des Pfeifenwerkes und massive Windundichtigkeiten beeinträchtigt, so dass eine Generalüberholung des Instrumentes immer dringlicher wurde.
In Zusammenarbeit mit den Sachverständigen und dem Orgelförderverein, haben wir über mehrere Jahre intensiv zu den anzustrebenden Maßnahmen im Umgang mit dem Instrument beraten. Von der anfänglichen Idee einer Restaurierung des gewachsenen Bestandes ausgehend, festigte sich zunehmend der Wunsch einer konsequenten Rekonstruktion auf den originalen Zustand des Instrumentes von 1905, denn mit knapp 60% originalem Pfeifenbestand stellt die Orgel in der Christuskirche Strehlen eines der wenigen erhaltenen spätromantischen Instrumente im Dresdner Raum dar.
Der Entschluss der Gemeinde, dieses wertvolle Orgeldenkmal zu bewahren und wieder in seiner vollständigen Originalität zu rekonstruieren, war für uns als Erbauerfirma – jetzt in 5. und 6. Generation – eine großartige Herausforderung und reizvolle Arbeitsaufgabe, der wir uns mit größter Freude und Leidenschaft gewidmet haben.
Die in der Vergangenheit entfernten und glücklicherweise noch zu großen Anteilen in der Orgel/Kirche eingelagerten originalen Register und Schaltrelais wurden gesichtet. Hier fanden sich auch zahlreiche Abschnitte von Pfeifenkörpern umgearbeiteter Register wieder, die – wenn auch in desolatem Zustand – erhalten geblieben sind und nach entsprechend aufwändiger Sortierung und Restaurierung, eine Zuordnung und Integration in den originalen Bestand zuließen.
Nach einer ausführlichen Dokumentation der gesamten Orgel im vorgefundenen Zustand, wurden alle Pfeifen und zu überholende Orgelteile ausgelagert. Auch die in der Vergangenheit aus dem seitlichen Turmraum entfernten und dann in die Orgel integrierten Schwellwerkwindladen wurden demontiert, um diese nach einer umfassenden Restaurierung wieder am originalen Standort aufbauen zu können. Das nachträglich eingebaute Schwellergehäuse wurde vollständig entfernt
Orgelteile die einer tiefgreifenden Restaurierung bedurften, wie die Schwellwerkwindladen, pneumatische Schaltrelais und große Anteile des Pfeifenwerkes, wurden in unsere Werkstatt transportiert. Anschließend wurde die Orgel gesichert, um den Gewerken zur bauseitigen Sanierung des Orgelraumes und der Turmkammer entsprechende Baufreiheit gewähren zu können. In diesem Zusammenhang wurde auch das prachtvolle Jugendstil-Orgelgehäuse von Fachrestauratoren gereinigt und umfassend überarbeitet.
Die Arbeiten an den Orgelteilen in unserer Werkstatt und vor Ort in der Kirche erstreckten sich über einen Zeitraum von mehr als 2 ½ Jahren. Alle Windladen wurden überarbeitet, die Registereinschaltbälge neu beledert und 7.850 Ledermembranen in der Traktur erneuert. Die Schwellwerkwindladen wurden tiefgreifend in der Werkstatt restauriert und erhielten neu belederte Kegel und Dichtungen. Die nicht mehr existierenden Lagergestelle und die Windladen für die Hochdruckstimmen und den Superoktavkoppelausbau wurden rekonstruiert. Das gesamte Schwellwerk wurde in der Werkstatt vormontiert und anschließend über eine Seilwinde in den Turmraum eingebracht.
Die Schwellerwand im Turmraum erhielt einen neuen Holzrahmen, so dass die originalen Jalousietüren wieder eingebaut und an das noch vorhandene mechanische Gestänge angeschlossen werden konnten.
Der Spieltisch mit den Registerstaffeln, Schaltelementen und Bleirohren wurde grundlegend restauriert, fehlende Spielhilfen mitsamt den dazugehörigen Apparaten rekonstruiert und die Registerwippenbeschriftungen nach Originalvorlagen und entsprechend der rekonstruierten Disposition erneuert. Die Klaviaturen wurden in der Garnierung überarbeitet und die ausgespielten Elfenbeinbeläge in den Manualen teilerneuert.
Die pneumatischen Relais der inneren Orgelanlage wurden überholt und fehlende Relais rekonstruiert, lose Bleirohre neu eingekittet, jeglicher Plastikschlauch in der Traktur entfernt und ca. 200m neues Bleirohr verlegt. Aus dem Crescendoapparat wurde die aus den 90er Jahren stammende Sperrholzwalze entfernt und die originale Walze wieder eingebaut.
Es erfolgte eine Neubelederung von Windmagazinbälgen und Registereinschaltbälgen, sowie die Herstellung neuer Kanäle für die Rekonstruktion der Hochdruckanlage mit einem neuen Windmotor. Die Trennung von Traktur- und Spielwind zur Optimierung der Spielart wurde beibehalten.
Alle zur Wiederverwendung kommenden Pfeifen wurden restauriert und die aufgefundenen Pfeifenkörperabschnitte wieder angelötet, bzw. bei Holzpfeifen die abgeschnittenen Expressionen wieder angeleimt.
Die Mensuren des Pfeifenwerkes wurden analysiert, mit den in unserem Firmenarchiv noch aus der Erbauungszeit vorfindlichen Maßtabellen abgeglichen und fehlende Register in den originalen Bauartdetails rekonstruiert. Dazu waren auch umfangreiche rekonstruktive Maßnahmen an den Pfeifenstöcken, Bänkchen und Pfeifenhaltern notwendig. Zur Rekonstruktion der Seraphon-Hochdruckregister erfolgte mit dem Orgelgremium eine Exkursion zu einem Referenzinstrument nach Berlin; hier konnte die besondere Bauform der Pfeifen mit zwei Labien über Eck studiert und später in unserer Pfeifenwerkstatt in Zinkmaterial detailgetreu nachgebildet werden.
Auch äußerlich ergibt sich im Orgelprospekt ein verändertes Bild. Die 1917 zwangsweise für die Kriegswirtschaft abgegebenen 141 Zinnpfeifen, die anschließend durch bronzierte Zinkpfeifen ersetzt wurden, konnten jetzt wieder in Zinn rekonstruiert werden.
Abschließend wurden die insgesamt 4.140 Pfeifen der Orgel registerweise wieder eingebaut, das historische Pfeifenwerk nachintoniert und gestimmt, sowie die neuen/rekonstruierten Register harmonisch in das klangliche Gesamtkonzept der romantischen Orgel eingepasst.
Die Restaurierung und Rekonstruktion der Jehmlich-Orgel in der Christuskirche Dresden-Strehlen war für uns eine sehr reizvolle Aufgabe und Zeitreise in die Firmengeschichte, die wir mit viel Freude ausgeführt haben.
In Dresden ist eine hochromantische Königin der Instrumente wieder auferstanden, somit ist die eindrucksvolle Kirchenraumarchitektur der Christuskirche im Jugendstil wieder mit authentischen Orgelklängen als Gesamtkunstwerk zu erleben.